DeutschlandRadio (Auszuege)
4.5.2002
Arafat, die PLO und der versäumte Weg vom Freiheitskämpfer
zum Demokraten
Von Birgit Kaspar
Hussam Khader, ein
einflussreicher Fatah-Führer in Nablus, ist der Ansicht, nicht
nur die Israelis sondern auch die Palästinenser selbst seien
für ihre schwierige Lage verantwortlich:
Wir haben bis heute keine Institutionen
und keine Verfassung. Die Autonomiebehörde ist gescheitert,
wegen ihrer Korruption sowie der Mafia, die die
palästinensischen Geschicke zu ihrer eigenen Bereicherung leitet.
Statt des Aufbaus von Zivilgesellschaft und
Demokratie regierten im Westjordanland und im Gazastreifen die
gefürchteten Sicherheitsdienste Arafats. Abu Ammar versuchte
unterdessen, durch immer mehr Zugeständnisse an Israel, den
dahinsiechenden Friedensprozess am Leben zu halten, weil er
glaubte, dass nur der ihm seinen Traum erfüllen könne - nämlich
als erster Präsident Palästinas in die Geschichte einzugehen.
Als politische Leitfigur versagte Arafat auch während der
Intifada: Er übernahm keine wirkliche Führung, gab mal den
Militanten, mal dem israelisch-amerikanischen Druck nach. Nach
Ansicht eines langjährigen Weggefährten Arafats befinden sich
die Palästinenser in der gegenwärtig so dramatischen Situation,
weil Abu Ammar sie weder richtig auf Frieden noch richtig auf
Krieg vorbereitet habe. Seit der alt gewordene und auch
gesundheitlich angeschlagene Palästinenserführer eingekreist von
israelischen Soldaten in Ramallah festsitzt, hat sich sein Volk
wieder hinter ihn geschart. Das kann aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die meisten mit seinem Führungsstil
überhaupt nicht einverstanden sind. Hussam Khader bringt die
Meinung vieler auf den Punkt:
Ich vertraue Arafat als nationalem Helden,
ich schätze seinen Nationalismus. Aber ich traue seiner
Verwaltung nicht. Denn er regiert alle Aspekte des
palästinensischen Lebens völlig selbstherrlich. Aber er ist kein
Prophet. Dieser Führungsstil war nützlich in den letzten
Jahrhunderten, aber nicht in diesen Tagen.
http://www.dradio.de/homepage/schwerpunkt-nahost-020504.html
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